Lieber Christian,
Nein, es heisst eigentlich viel mehr, dass:
...Existenz "Existenz" heisst, da man Existenz an sich eben NICHT begründen kann. Die Aussage "Existenz ist Existenz" soll eben gerade deutlich machen, wie absurd die Frage nach der Ursache der Existenz ist.". Absurd deswegen, weil man die erste Ursache ja wohl schlecht mit einer vorangegangene Wirkung erklären kann.
Man kann nicht etwas mit nichts begründen. Sondern nur mit Etwas das davor gewesen ist.
Es gab eine erste Ursache. Aber wie kann es eine erste Ursache geben, wenn davor nichts gewesen ist, das die Ursache eingeleitet hätte?
Ansonsten geriete man in einen infiniten Regress; das heisst, es ginge ewig so weiter: Ich frage dich: Wo kam die erste Ursache hier. Magst du dann eventuell antworten: "Na das war Gott, natürlich.". Dann frage ich dich wieder: Und wo kommt Gott her?
Am Anfang die Ursache. Und was war deren Ursache? Und deren Ursache wiederum?....dies hörte nie auf. Wir sehen Ursachen und WIrkungen, aber eine erste Ursache wäre ja nichts anderes als eine Wirkung, für die es davor keine Ursache gab. Das aber ist nicht möglich: Also warum existiert dann eigentlich überhaupt irgendetwas!?
Und die Kabbalisten waren da schlau, die haben sich gesagt: Ok, wir wissen es auch nicht. Aalso erwähnen wir es auch nicht, sondern wir sagen einfach stattdessen:
Erst war: "Gar nix", das wäre AIN.
Und danach wieder nix, aber ein bisschen mehr als das wenigstens: der leere Raum, unbegrenzt grosse: AIN SVP.
Und dann sagten sie als dritten Schritt: In dem Raum muss *irgendwas* drin sein, weil aus nichts entsteht nichts,
und da man aber nicht wusste: "was" sagte man dann ganz einfach: "Licht" dazu.
Dieses Licht musste in allem bestehen, aber es war noch nichts erschaffen; es war alles da, aber eben nur als Möglichkeit: AIN SVP AVR,
auch genannt: Die drei schleier des Absoluten. Existenz als Möglichkeit.
Wie das Samenkorn an einem Baum, der wiederum in einem Samenkorn steckt, an einem Baum, den es bereits gibt.
Und dann kam die Erschaffung. Und auch hier hat man sehr klar nachgedacht.
Man nahm als erstes von allen Geschaffenens die einfachste Figur die überhaupt denkbar ist, und sagte: das war das erste Geschaffene. Und diese Figur ist der Punkt. Der Punkt kann nicht mehr weiter vereinfacht werden. Aus dem Kubus kann man die Fläche ziehen, aus der Fläche dann wiederum die Linie, und aus der Linie dann wiederum den Punkt. Aber den Punkt weiter reduzieren, ohne im Nichts zu landen: Nada. Das kann logischerweise schlecht funktionieren.
Und das war Zimzum: Weil man sagte: Um vom Licht zum Punkt zu kommen, gibt es nur einen Weg: Das Licht selbst musste zu einem Punkt werden. Und weil ein grenzenloses Licht in einem grenzenlosen Raum nach aussen nicht kleiner werden kann (denn sonst bliebe sein Durchmesser unendlich), konnte es sich also nur kontrahiert haben, zur einfachsten Figur, welche die Urfigur sein musste: der Punkt.
Also die alten Kabbalisten die waren schon echt genial. Eleganter gehts nicht mehr!
Eine Möglichkeit kann sein, dieses Rätsel zu lösen, wenn du genau hinschaust, siehst du vielleicht woran es liegen könnte: Es ist die Zeit, und das Gesetz von Ursache und Wirkung, was beides eigentlich so ziemlich dasselbe sein dürfte, und die der einzige Weg diesen infiniten Regress zu vermeiden , ohne dabei ins absurde zu verfallen, läge darin, dass man einfach sagte: Gott selbst ist zeitlos; oder besser noch: Gott ist ewige Gegenwart.
Allerdings kann es sein, das wir das so oder so ähnlich noch beigebracht bekommen, und es wäre nicht gut vorzugreifen. Jedenfalls solltest du dich davon nicht ablenken lassen. Der Lehrplan der BOEL geht in jedem Fall vor.
Grüße, von Philipp, und Fiat Lux!